Das Ende des vollständigen Wissens
Man sagt, ein engagierter Vielleser könne in seinem Leben 10.000 Bücher konsumieren. Im 16. Jahrhundert wären das knapp 7% aller Bücher der Welt gewesen. Wenn ein Physiker damals beispielsweise jedes gedruckte Werk las, das zu seinem Thema bereits erschienen war, hätte er sich nahezu vollständiges Wissen angeeignet. Doch mit jeder Phase der Bildungsrevolution wuchs das menschliche Wissen exponentiell. Inzwischen ist es nur noch in Ausnahmefällen möglich, sich 100 Prozent der Literatur zu einem Thema anzueignen. Und wenn jemand heute 10.000 Bücher lesen würde, wären das nur noch 0,01 Prozent der Weltliteratur.
Wenn ein Physiker aber nicht mehr allwissender Experte seines Faches sein kann, hat er zwei Möglichkeiten, seine Qualifikation zu definieren und seinen Platz auf dem Arbeitsmarkt zu finden: Entweder er wird Spezialist für ein kleines Fachgebiet mit Schnittstellenkompetenz zu angrenzenden Fachgebieten. Oder er wird Generalist mit breitem Wissensspektrum, auf Kosten der Vertiefung. Egal welchen Weg der Physiker einschlägt: Die stetige Weiterentwicklung seines Faches zwingt ihn auch im Berufsleben dazu, sich permanent weiterzubilden.
Herausforderungen der Bildungslandschaft
Während die generalistische Ausbildung bewährt ist, stellen fachspezifische Qualifikationen die Bildungslandschaft vor neue Herausforderungen: Lernende, die einen solchen Expertenstatus anstreben, müssen sich auf ein Fachgebiet konzentrieren und zugleich die Kompetenz erwerben, die erlernten Fähigkeiten auf andere Fächer zu übertragen. Dafür benötigen sie eine schnelle, passgenaue Qualifikation (inhaltlich – aber wichtiger denn je auch methodisch), um zügig in den Beruf einsteigen und sich im Berufsalltag weiterbilden zu können. Sie müssen dafür nicht zwangsläufig Berufsschulen oder Universitäten besuchen, denen es oft schwerfällt, sich schnell an die permanenten Veränderungen des Arbeitsmarktes anzupassen. Gerade in stark nachgefragten Branchen wie der IT zählt der Nachweis von Fähigkeiten für Unternehmen oft mehr als ein Zeugnis, das eine breitgefächerte akademische Laufbahn bescheinigt.
Ideale Lernbedingungen
Etwas Neues zu lernen ist immer eine Herausforderung. Wie lassen sich dabei schnell und gleichzeitig nachhaltig optimale Lernergebnisse erzielen? Diese Frage beschäftigt Wissenschaftler und Praktiker seit Jahrzehnten. Eine der bekanntesten Studien zur Lernverbesserung führte der US-amerikanische Erziehungswissenschaftler Benjamin Bloom in den 1980er Jahren durch und kam zu folgendem Ergebnis: Auch ein Lerner mit durchschnittlichen Fähigkeiten kann durch sogenanntes „Mastery-Based Learning“ und individuelle Nachhilfe erhebliche Leistungssteigerungen erzielen.
Verschiebung des Leistungsspektrums
Blooms Studie umfasste drei Lernsituationen, in denen die Vergleichsgruppen aufgefordert wurden, in der gleichen Zeit ein identisches Wissensziel zu erreichen – analog zu einem Lernwettbewerb, bei dem es Bronze-, Silber- oder Goldmedaillen zu gewinnen gibt.
Die erste Gruppe wurde mit einer traditionellen Lernsituation konfrontiert, in der ein Lehrer 30 Schüler unterrichtete – mit Notizen an der Tafel, Gruppendiskussionen, Hausaufgaben usw. Die zweite Gruppe bekam dieselbe Aufgabe wie die erste Gruppe. Am Ende des Monats wurden die 30 Lernenden getestet. Die überwiegende Mehrheit wurde vom Lehrer mit einer Bronzemedaille bewertet, einige mit einer Silbermedaille. Nur die besten 20 Prozent schafften eine Goldmedaille.
Die zweite Gruppe erhielt Unterricht, der nach dem Konzept des „Mastery Learning“ strukturiert war. Hier prüfte der Lehrer zunächst die Vorkenntnisse und Fähigkeiten jedes Kindes. Verschiedene Maßnahmen halfen den Schülern dann, sich die vorgegebenen Inhalte nach und nach anzueignen. Die Ergebnisse verbesserten sich merklich: Die meisten Kinder erhielten Silbermedaillen und mehr Goldmedaillen.
Blooms Experiment ging noch weiter: In einem dritten Schritt wurde das „Mastery Learning“-Konzept durch individuelle Förderung ergänzt. 30 Kinder wurden von 30 Lehrern individuell bei der Erreichung ihrer Ziele unterstützt. Prompt verbesserten sich die Leistungen noch mehr – 90 Prozent der Kinder erhielten Goldmedaillen für ihre Prüfungsergebnisse. Weitere Untersuchungen zeigten zudem, dass diese Kinder Fortschritte im kognitiven, verhaltensbezogenen und wissenschaftlichen Verständnis gemacht hatten.
Bloom fand damit die Bestätigung des Common Sense-Eindrucks, dass Lernende im Einzelunterricht mit präzise gestellten Aufgaben und gezielter Förderung einen viel höheren Wissenszuwachs erzielen können als in einer klassischen Lernsituation. Wissenschaftlich ausgedrückt: Auf einer Normalverteilungskurve verbesserte sich die Lernfähigkeit der Kinder um 2 Sigma – ein spektakulärer Wissenszuwachs.
In den 1980er Jahren stellte dies die Bildungsverantwortlichen jedoch vor ein schwieriges Dilemma: Es war weder finanziell noch personell machbar, allen Lernenden individuelle Aufmerksamkeit zukommen zu lassen. Blooms Forschung erlangte als „2-Sigma-Dilemma“ große Bekanntheit, drastische Veränderungen in der Bildungslandschaft blieben jedoch aus.
CodeDoor: Infrastruktur für modernes Lernen
Moderne Qualifizierungsprozesse, die die Bedürfnisse der Wirtschaft berücksichtigen und auf individuelle Nachhilfe zurückgreifen können, würden also eine echte Bereicherung der Bildungslandschaft bedeuten. Vor 30 Jahren formulierten Bildungsexperten eine solche Anpassung an Lernbedürfnisse noch als utopische Wunschvorstellung – dank des technologischen Fortschritts ist diese Utopie jedoch heute schon Realität: Der gemeinnützige Verein CodeDoor aus Deutschland vereint die beiden oben erläuterten Ansprüche an effizientes und nachhaltiges Lernen in einem IT-Tool. Über eine innovative Plattform, die für jeden Nutzer ein maßgeschneidertes Angebot erstellt, können sich Lernende zu IT-Experten in verschiedenen Bereichen qualifizieren.
Das individuelle Lernerlebnis wird ergänzt durch die soziale Komponente: Die Teilnehmer lernen und arbeiten online und offline gemeinsam, ermutigen, korrigieren und motivieren sich gegenseitig. Den Teams werden Tutoren zugeteilt, die sowohl die Rolle des Senior-Entwicklers als auch des Mutmachers übernehmen.
Mit diesem maßgeschneiderten Wissenstransfer unterstützt CodeDoor gemeinnützige Organisationen weltweit bei der Skalierung ihrer Bildungsprogramme – damit niemand zurückgelassen wird.